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kirchengeschichte
Geschichte der Evangelischen Pfarrgemeinde Pinkafeld


Die evangelisch-lutherische Pfarrgemeinde in Pinkafeld ist eine Toleranzgemeinde. Sie verdankt ihre Gründung dem Toleranzpatent Joseph II., der damit 1781 die
religiöse Duldung für die nichtkatholischen Bewohner Ungarns und Österreichs ermöglicht hatte. Bis zu diesem Zugeständnis des Habsburgischen Kaisers hatten die
Evangelischen eine wechselvolle Geschichte erlebt:

Um 1517 predigte der Augustinermönch Dr. Martin Luther den menschlichen Herzen verständliche Glaubensinhalte. Seine Zuhörer und Leser fühlten sich als freie
Christenmenschen; ihre Errettung geschieht in Jesus Christus allein durch Gottes Gnade, die im Glauben angenommen und festgehalten wurde. Sakramente sind die
Taufe und das Abendmahl in beiderlei Gestalt (Brot und Wein).
Diese Wahrheit fand Luther in der Heiligen Schrift. Damit dies jeder nachlesen konnte, übersetzt Luther 1522 das Neue Testament in die deutsche Sprache. Durch
Zuhörer und Studenten Luthers wurde die Lehre in entfernte Gegenden getragen. Bereits im Jahre 1576 predigte Jeremias Dissinger in Pinkafeld. Er hatte noch bei
Luther Vorlesungen gehört. Die Herren von Königsberg, Anhänger der neuen Lehre, holten ihn als Prediger in ihre Herrschaft Bernstein.

Der Zeit der Reformation folgte die der Gegenreformation, Leidens- und Läuterungszeit der Evangelischen. In Pinkafeld konnten sie ihren Glauben als Geduldete von
den Batthyánys weiterleben. Eine neue Zeit brach erst 1781 durch das Toleranzpatent von Joseph II. an, das den Protestanten die freie Religionsausübung gewährte.

Das Toleranzpatent gestand die Gründung einer Gemeinde und den Bau eines Bethauses dort zu, wo sich evangelische Familien zusammenschlossen und die
Verantwortung dafür übernahmen. In Pinkafeld fanden sich 75, in Riedlingsdorf 114, in Wiesfleck 46,in Schreibersdorf 20, in Schönherrn 15 und in Aschau 42 Familien,
insgesamt also 312.

Am 1.10.1783 erfolgte die Gemeindegründung. Seit diesem Tag werden die Heirats-, Tauf- und Sterbebücher der Pfarrgemeinde geführt. Der neu bestellte Pfarrer
Michael Schwarz war schon im Dienst. Der Bau eines Bethauses begann. Wie im Toleranzpatent vorgeschrieben, entstand ein großes Haus in einer Seitengasse, der
Eingang war hofseitig gelegen, die Fenster klein und unscheinbar. Es war nicht erlaubt einen Glockenturm zu errichten. 1785 wurde das neue Gotteshaus bezogen.
Es ist das Zentrum evangelischen Lebens und wurde nach und nach fertig gestellt. 1788 wurde für die Orgel gesammelt, 1798 der Altar aufgestellt, 1800 der Taufstein
mit Täufergruppe angeschafft. 1813 durfte ein Turm aus Holz gebaut werden, 1822 entstand der gemauerte Kirchturm.

Daneben war das Schulhaus mit Pfarrer- und Messnerwohnung errichtet worden. Zum Erscheinungsbild des Marktes gehörte um 1830, das evangelische Bethaus mit
dem Glockenturm, die Schule mit lebhaften Kindern, der evangelische Lehrer mit seiner Familie, der „geistliche Herr“ – wie der Pfarrer damals genannt wurde – mit
Frau und Kindern.

Nach und nach waren in den so genannten Tochtergemeinden Schulen erbaut worden. Pinkafeld, die Muttergemeinde, beschäftigte von 1783 bis 1938 insgesamt 15
verschiedene Lehrer. Die Schulen vermittelten Wissen, aber auch das evangelische Glaubensgut.

Zentrum des Gemeindelebens war und ist der sonntägliche Gottesdienst. Durch Lied, Liturgie, Gebet, Predigt, Taufe und Abendmahl wird Gottes vergebende Liebe
erfahren.

Eine Reihe treu sorgender Pfarrer diente der Gemeinde. Manchen Kummer brachten die Gemeindeglieder zu ihrem Seelsorger. Auch der Rat und die Hilfe der Pfarrfrau
waren gefragt.

In der Zwischenzeit war das Bethaus fast 100 Jahre alt geworden – Renovierung stand an. 1883 feierte die Gemeinde die Fertigstellung des Umbaus. Eine Kirche
präsentierte sich nun dem Ort, der Turm war in das Gebäude eingebunden, große Kirchenfenster wurden eingefügt, innen waren Emporen eingezogen und Stiegenhäuser
eingebaut.

Ein Herzensanliegen wurde der Gemeinde das traurige Schicksal von Waisenkindern. Das Ehepaar Alexander und Amalia Putsch stiftete 1889 ein Waisenhaus.
Diakonissen aus Graz und Preßburg wurden die Pflegerinnen. Die Pfarrer Ludwig Ziermann, Friedrich Dörmer und Paul Nitschinger waren unermüdlich um Spenden für
das Waisenhaus bemüht. 30 Kinder waren täglich zu versorgen. Bis 1940 blieb das Waisenhaus der Gemeinde Auftrag und Anliegen. Dann griff die Nationalsozialistische
Wohlfahrt danach und übernahm Haus und Kinder.

Unser Gang durch die vergangenen Zeiten der Evangelischen Kirche ist nun beendet, wir befinden uns bereits in der Gegenwart. Dennoch gedenkt die Gemeinde
alljährlich der Vergangenheit. Sie feiert immer am 4. Sonntag im September ihr Gemeindefest, in Erinnerung an den allerersten Gottesdienst, der in der neu gegründeten
Pfarrgemeinde gefeiert wurde.

Im Jahr 2005 hat die Gemeinde 2.750 Mitglieder. Amtsführender Pfarrer ist seit 1992 Dr. Gerhard Harkam, mit ihm gemeinsam arbeitet Pfarrer Mag. Martin Schlor.
Zentrum des Gemeindelebens ist nach wie vor der Gottesdienst, gleichzeitig versammeln sich die Kinder zum Kindergottesdienst. Einmal monatlich laden wir zum
„OASE-Gottesdienst“ für junge Familien und Singles. Die Tochtergemeinde Riedlingsdorf bietet in ihrer Kirche zweiwöchentlich Gottesdienste an, Wiesfleck einmal im
Monat und auch Schreibersdorf und Schönherrn feiern in ihren Zentren Gottesdienst. Es gibt viele Veranstaltungen für jedes Alter: Kinder-, Jugend-, Frauen- und
Seniorenkreise. Die Bibel wird - wie in den Anfangszeiten der Reformation - in Hauskreisen und in der Gemeinde gerne gelesen.

Seit dem Jahr 1999 besitzt unsere Kirche eine wunderbare, neue Orgel. Es schien, als hätte nur sie noch in der Kirche gefehlt.

Ein wichtiges Anliegen ist als Nachfolger zum Waisenhaus das Diakoniezentrum „Burgenlandhaus“, eine Heimstätte für alte, behinderte und pflegebedürftige Menschen.

Als Bereicherung erleben wir den guten Kontakt zur katholischen Gemeinde und ihrem Pfarrer, Herrn Dechant Martin Korpitsch. Daraus entstanden seit zehn Jahren
viele gemeinsame Veranstaltungen wie Gottesdienste, Konzerte, Bibelausstellung, Ehevorbereitungen… Gemeinsam wird zur Zeit die Friedhofskapelle renoviert, die
allen Pinkafeldern als Ort der Stille und des Trostes zur Verfügung stehen soll.

Für Interessierte gibt es eine Website der Evang. Pfarrgemeinde A.B. Pinkafeld: http://members.eunet.at/pinkafeld/

Unsere Gemeindeleitlinie stelle ich ans Ende meiner Ausführungen:

Im Vertrauen auf Jesus Christus sind wir unterwegs…
… Menschen aller Altersgruppen in ihrem Umfeld zu erreichen,
… sie zum lebendigen Glauben an den dreieinigen Gott zu ermutigen,
… und ihren Gaben gemäß zur verantwortlichen Mitarbeit zu gewinnen.

Nora Fleckl (2005)

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